Freitag, 16. September 2011 Abflug am späten Abend mit LH 510 nach Buenos Aires. Fast 2 Jahre ist es her, daß ich hier im First Class Terminal der Lufthansa am Frankfurter Flughafen bei einem neuseeländischen Whisky gesessen und mich auf meine Reise gefreut habe. Wie am 24. Oktober 2009 habe ich auch heute zuvor den Mittag im Kleinen König verbracht, diesmal aber nicht bei Flamkuchen sondern wegen des anstehenden Oktoberfests mit zünftiger Weißwurst. Da der Flug erst um 22:50Uhr in Frankfurt startet bin ich auch etwas später zum Flughafen gefahren. Dennoch natürlich mit genug Zeit, einen kleinen Abend-Imbis und ein kurzes Whisky-Tasting einzulegen, bevor es in rund 14 Stunden nach Buenos Aires geht, wo ich morgen früh um 7:35 Uhr eintreffen werden. Da bleibt auch noch genug Zeit übrig, sich ein wenig im Flugzeug auszuschlafen. Samstag, 17. September 2011 Ankunft am Morgen in Buenos Aires undTransfer zum Sofitel Buenos Aires Hotel. Fast auf die Minute pünklich landet die LH-Maschine in Buenos Aires, bzw. genauer gesagt in Ezeiza, wo sich der internationale Flughafen der Hauptstadt Argentiniens befindet. Der Flug zuvor war bis auf ein paar kleinere Turbulenzen ruhig gewesen, sodaß ich gut schlafen konnte und einigermaßen ausgeruht und erholt ankam. Zuvor hatte ich vom Flugzeug aus noch einen wunderschönen Sonnenaufgaben mit intensivem Farbspiel genießen können, während das Frühstück im Flugzeug serviert wurde. Bei der Ankunft in Buenos Aires war es dann allerdings doch noch start bewölkt und es regnete auch noch ein wenig als wir landeten. Die Grenzkontrolle war einfach und unkompliziert und da ich einer der ersten war, die das Flugzeug verlassen durften, hatte sich auch noch keine nennenswerte Warteschlage gebildet. Nur die Wege waren, ähnlich wie in Frankfurt im Terminal A nicht gerade kurz. Am Gepäckband war dann noch einmal eine kleine Pause, bevor es durch den Zoll hinaus ging. Alles in traf ich aber rund 40 Minuten nach der Ankuft den Chauffeur, den mir das Hotel geschickt hatte. Da es noch früher Samstag Morgen war, ging es zügig über die Autobahn und durch die Stadt bis zum Hotel, wo ich gut eine Stunde nach der Landung dann eintraf. Da mein Zimmer noch nicht fertig war lagerte ich mein Gepäck ein, packte ein klein wenig um und machte mich dann mit der Kamera bewaffnet zu einem ersten Stadtrundgang auf. Vom Hotel aus, das im Stadtteil Retiro, nahe der gleichnamigen Bahnnstation gelegen ist, ging es quer über die Avenida 9 de Julio, einer der größten Straßen von Buenos Aires entlang der Av. Alevar in den Stadtteil Recoleta. An der Plaza San Martin de Tour wird die Skulptur des Heiligen von einigen uralten Bäumen umrahmt, deren bizarres Wurzelwerk besonders beeindruckend ist und dem Ort eine eigene Atmosphäre verleiht. Direkt dahinter, auf der Plaza Alvear folgen viele kleine Stände, an denen Künstler und Händler alles mögliche an Kleinkunst und Kitsch anbieten. Ein Rundgang durch die Stände ist auf jeden Fall lohnenswert und amüsant. Dahinter folgt dann die Kirche Nuestra Señora Del Pilar, die zum gleichnamigen Franziskaner-Kloster gehört, dessen Bau im Jahr 1716 unter König Philipp V. begonnen wurde. Die Einweihung erfolgte dann am 12. Oktoger 1732 nach 16-jähriger Bauzeit. Im Jahr 1822 verließen die Mönche das Kloster und 8 Jahren später wurden dann die Kirche zur Pfarrkirche von Recoleta. 1936 erhob Papst Pius XI die Kirche in den Stand einer Basilika, was unter anderem an dem Umbraculum (Padiglione), dem rot-gelb gestreiften Seidenschift zu erkennen ist. Im Jahr 1942 wurde die Kirche dann auch als Nationales Historisches Denkmal von Argentinien eingetragen. Die alten Klosteranlagen sind noch weitgehend erhalten. Besonders der Fußboden ist noch in seinem Originalzustand vorhanden. Heute befindet sich hier eine kleine, sich über 3 Stockwerke erstreckende Ausstellung sakraler Kunst. Neben prächtigen Meßgewändern und alten Schriften sind auch Figuren der Heiligen, die in der Neuen Welt hauptsächlich im 18. Jahrhundert entstanden sind. Durch die Fenster, die früher einen Ausblick in den Obstgarten des Klosters boten, blickt man heute auf einen der wohl berühmtesten Friedhöfe überhaupt, den Friedhof von Recoleta. Der Cementerio de la Recoleta, letzte Ruhestätte vieler Präsidenten, Genräle und Familien der argentinischen Prominenz, ist ein von unzähligen Wegen und Pfaden durchzogenes Labyrinth. Die Grabstellen, fast ausnahmslos aufwändig gestaltete und mit Skulpturen aus Bronze oder Stein verziehrt, geben jeweils ganzen Familien die letzte Ruhestätte. Vielfach sind durch die Türen die in Nischen gestapelten Särge zu sehen. An einigen Stellen ist aber dennoch ein wenig grün zu sehen und unter den wenigen Bäumen inmitten der steinernen Mausoleen finden sich immer wieder gerne Katzen ein, um sich hier auszuruhen.
Sonntag, 18. September 2011 Heute steht die Stadt auf dem Programm. Zu Fuß geht es durch die Stadtteile und den Hafen. Nachdem ich gestern vom Hotel aus gesehen den Nordwesten erkundet habe, geht es heute in den Südosten, zuerst in den Stadtteil Microcentro. Zunächst geht es über die nach dem argentinischen Unabhängigkeitskämpfer José de San Martin benannte Plaza San Martín. Hier steht auf dem höchsten Punkt, an der Av. Santa Fe ein Denkmal, das den General hoch zu Roß als siegreichen Freiheitskämpfer darstellt. Auf dem Platz fand sich auch zeitgenössische Kunst in Form großer, bunter Blüten. An der Kreuzung Florida, Calle San Martino bot sich ein Blick auf den großen, 67m hohen Obelisken, der inmitten der Av. 9 de Julio anläßlich des 400jährigen Stadtjubiläums im Jahr 1936 aufgestellt wurde. An der Basilica Nuestra Señora de la Merced bog ich dann nach links, Richtung Rio de la Plata in den Ortsteil Puerto Madero ab. Entlang alter Docks, in denen heute vielerlei Geschäfte und Restaurants, Cafés und Bars untergebracht sind, reihen sich mehrere Hafenbecken, sogenannte Dique. Hier liegen Segel-Yachten und andere Boote, wie die 3-Mast Segel-Fregatte Sarmiento, die heute als Museumsschiff dient. Direkt in Fluchtlinie der Plaza de Mayo und der Casa Rosada quert, unmittelbar neben der Fregata Sramiento die Puente de la Mucher das Hafenbecken #3. Der Name der im Jahr 2001 eingeweihten Brücke ehrt die berühmten Argentinierinnen, deren Namen sich in den Straßennamen von Puerto Madero wiederfinden lassen. Mit der beeindruckenden Leichtigkeit der Form will der Architekt Santiago Calatrava an einen argentinischen Tango-Tänzer erinnern, der sich beim Tanz über seine Partnerin beugt. Da alle Brücken zwischen den fünf Dique relativ niedrig sind, können die Brücken alle gedreht werden, um auch größeren Schiffen die Passage zu ermöglichen. Hinter diesen Hafenanlagen folgt dann ein Teil von Puerto Madero, der durch seine moderne, von Stahl und Glas geprägte Hochhaus-Architektur beeindruckt und zum Rio Plata hin eine typische Skyline schafft. Den Abschluß der Häuserzeilen bilden die Av. Costanera C. M. Neol und Dr. T. A. Rodriguez. Hier auf diesen auf einer Art Damm verlaufenden Straßen befinden sich viele Imbis-Stände, an denen Gegrilltes in jeglicher Form zum Verzehr erworben werden kann. Da heute Sonntag ist, sind auch viele Porteños unterwegs, die hierhin einen Familienausflug unternehmen. Zur stadtabgewandten Seite folgt in Richtung Rio de la Plata Marschland, das in der Regenzeit von Lagunen durchzogen ist. Diese sich bis zum Rio de la Plata erstreckende Gebiet ist heute als ökologisches Reservat ein Naherholungsziel für viele Porteños. Auf dem insgesamt rund 10km langen Wegenetz finden sich viele Einheimische, die am heutigen Sonntag bei schönem Frühlingswetter einen Ausflug hierher unternehmen. Auch viele Vögel sind zu beobachten, die hier ihren Lebensraum haben. Mein Rundweg ist ca. 5km lang und bietet von der Flußseite her über das Marschland schöne Blicke auf die Skyline von Puerto Madero.
Zurück geht es entlang der Hafenanlagen, wo die Fährschiffe von Buqebus nach Uruguay ablegen. Dort an der Hafeneinfahrt ist auch der alte Leuchtturm, mit seiner bekannten, an eine Weltkugel erinnernden Lichtkuppel zu sehen. Der Weg führt mich dann weiter in den Ortsteil Retiro, an dem dortigen Bahnhof vorbei wieder zurück ins Hotel. Dort am Bahnhof werde ich dann auch noch Opfer einer Senfattacke. Einer beliebten Methode, Turisten abzulenken und ihnen dann beim Reinigen behilflich zu sein, während ein anderer Bandit sich über die Geldbörse hermacht. Glücklicherweise war ich aber dank Lektüre im Reiseführer vorgewarnt und so ist, außer der Notwendigkeit ein T-Shirt zu waschen, kein Schaden entstanden. Am frühen Abend ist in der Hotelbar, wie schon gestern am Samstag Live-Musik. Heute spielt ein Duo aus Gitarre und Kontrabaß ruhigen Jazz, bei dem sich der Abend gemütlich einläuten läßt. Montag, 19. September 2011 Am Nachmittag, zum Sonnenuntergang ist heute eine Ballon-Fahrt ausgehend von Capilla del señor, einer kleinen ländlichen Siedlung inmitten der Ebenen um Buenos Aires vorgesehen. Einer der ältesten Orte mit authentischem Flair, in dem noch die alte Druckerpresse steht, mit der das erste Buch und die erste Zeitung der Region gedruckt wurden. Nachdem am Samstag bei meiner Ankunft noch etwas Regen war, blieb der Rest des Tages bereits trocken, während ich meinen Ausflug nach Recoleta unternahm. Am Sonntag folgte dem morgendlichen Hochnebel ab dem späten Vormittag ein bereits durchwegs heiterer Tag. Ein wenig spüre ich auch noch die Sonne, die mich gestern vielleicht doch etwas zu sehr beschienen hat. Heute nun ist das Wetter nochmals besser geworden, sodaß ich bei sonnigen Aussichten, 21°C und einer Regenwahrscheinlichkeit von 0% einen herrlichen Frühlingstag für meine Ballonfahrt ausgewählt habe, auch wenn kalendarisch noch Winter auf der Südhalbkugel ist. Und so soll es die nächsten zwei Tage, sogar bei leicht steigenden Temperaturen weitergehen. Kurz nach Halbzwei läutet auf dem Zimmer das Telefon, weil mein Pilot für den heutigen Ballonflug mich abholen möchte. Etwas früher als die geplanten 3Uhr geht es dann rund 80km Richtung Norden hinaus zum kleinen Ort Capilla del Señor, wo Roby, mein Pilot mit seiner Familie wohnt. Nachdem Roby bei der Abfahrt mir erklärt hat, daß sein englisch nicht so berauschend sei und ich andererseits erklärte, daß mein Spanisch im wesentlichen gerade dazu reiche, ein Bier zu bestellen, verständigten wir uns weiter auf Deutsch. Denn Roby's Großeltern sind aus Deutschland ausgewandert und so sprach er ein sehr gutes Deutsch und freute sich auch darüber, es mal wieder etwas üben zu können. Die gut einstündige Fahrt verlief sehr kurzweilig, denn es gab viel zu erzählen. Über die flache Gegend um Buenos Aires herum, wo man sehr gut seine ersten Ballonerfahrungen sammeln kann, wie man zum Ballonfahren kommt und was es sonst noch für lohnende Ziele in Argentinien gibt. Ich glaube, da wurde auch gleich der Grundstein für einen neuen Besuch in Südamerika gelegt. Roby, der hier in Argentinien ein eigenes Ballonfahrt-Unternehmen unter www.juegodelaire.com betreibt, war wirklich ein Glücksfall, den ich der Empfehlung des Hotels zu verdanken habe. Nicht nur, daß wir uns optimal auf Deutsch unterhalten konnten, so hatte ich auch einen hervorragenden Piloten neben mir, der beispielsweise auch bei der letzten Ballon-WM in Ungarn für ein spanisches Team einen von 5 Ballonen gefahren hat. Nachdem wir in Capilla del Señor angekommen waren und erst noch einmal Gas getankt hatten, ging es auf die große Festwiese neben dem Bahnhof, die für die Ballonstarts genutzt wird. Dort stieß dann auch noch ein Freund und Mitarbeiter von Roby dazu, der das Verfolgerfahrzeug fahren und uns am Zielort wieder einsammeln sollte. Zuerst wurde die Ballonhülle am Boden in voller Länge ausgebreitet und dann kam der große Ventilator zum Einsatz, um erstmal genügend Luft in die Hülle zu pusten. Nach einigen Minuten war es dann soweit und der Brenner wurde eingesetzt, um nun warme Luft einzublasen. Kurz danach stand der Ballon senkrecht und dann ging alles recht schnell. An den Korb hängen, einsteigen und Leinen los. Aus der naheliegenden Schule hatten sich schon etliche Kinder auf der Straße eingefunden, die uns nun mit großen Hallo und Gewinke in die Luft verabschiedeten. Zuerst ging es fast auf Höhe der Baumkronen über Capilla del Señor, wo Roby jeden auf der Straße persönlich kannte und vom Ballon aus begrüßte. Das Wetter war ideal und da man ja mit dem Wind treibt ist es im Korb sogut wie windstill. Langsam und lautlos ging es über Weiden, Äcker und Wälder. Nur wenn die Brenner kurz für etwas Auftrieb sorgen und heiße Luft in den Ballon befördern mußten, zischte es. Da noch ein zweiter, grün-weißer Ballon mit uns gestartet war, konnte ich beim Photographieren auch immer mal wieder einen Ballon mit ins Bild nehmen, auch wenn ich unseren gelben Ballon mit dem knallroten Pirelli-Schriftzug farblich hübscher fand. Mithilfe meines Fish-Eye-Objektivs konnte ich dann sogar ein recht schönes Bild machen, das irgendwie an die Romane und Reisen von Jules-Verne erinnert, denn nun sah die Erde schon richtig rund aus, so als würde man in viel größerer Höhe, halb im Weltraum über die Lanschaft ziehen. Die gute Stunde, die wir in der Luft waren, verging im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug, auch wenn wir natürlich nicht geflogen sondern gefahren sind. Nach der Landung hieß es dann wieder alles einpacken und dann kam auch noch einmal ein Einsatz von mir. Wenn ich auch beim Auf- und Zusammenbau des Ballons nicht sonderlich helfen konnte, gab es beim Abbau eine Aufgabe, bei der ich gewichtige Vorteile in die Waagschale werfen konnte. Denn schließlich mußte die Luft aus dem Ballon auch wieder raus. Zum Ausklang trafen wir dann noch Roby's Frau mit seinem jüngsten Sohn, um in Capilla del Señor auf einem kleinen netten Platz noch etwas gemeinsam zu trinken und die Abendstimmung zu genießen, bevor ich dann noch nach Buenos Aires in mein Hotel zurückgefahren wurde. Auch auf der Rückfahrt hatten wir wieder viel Gesprächsstoff, wie z.B. über Roby's Onkel Otto (den gibt's also auch in wirklich und nicht nur beim HR). Onkel Otto verbringt immer ein halbes Jahr in Argentinien und die andere Hälft in Deutschland, wo immer alles viel besser und insbesonders gewesen sein soll. Was er wohl dazu sagen wird, daß in Berlin nun Piraten im Abgeordnetenhaus mit drin sitzen. Am Schluß tauschen wir noch eMail-Adressen aus und ich verspreche, mich bei meinem nächsten Argentinien-Aufenthalt zu melden, damit wir dann wieder einen Ausflug unternehmen können. Dann vielleicht in einer Gegend mit mehr Bergen, wie Bariloche zum Beispiel. Eigentlich bleibt jetzt nur noch die Frage nach dem Wann offen. Dienstag, 20. September 2011 Heute steht ein Tagesausflug zu einer Estancia in der nähe von Buenos Aires auf dem Programm. Ein Besuch des Geburtsplatz der Gaucho-Tradition in der Argentinischen Pampa mit Ausritt und Kutschfahrt in die Umgebung werden mit einem typische cirollo-barbecue und Argentinischen Weinen abgerundet. Dafür, daß heute noch Winter war, wenn auch der letzte Wintertag in diesem Jahr, gab es nichts, was an die kalte, dunkle Jahreszeit erinnerte. Um 9Uhr werde ich mit einem Zafira abgeholt, aber nicht von Opel sondern hier in Argentinien von Chevrolet, auch wenn es das gleiche Auto ist. Zusammen mit einem Ehepaar aus Polen und einem aus Belgien geht es wieder Richtung Norden. Zumindest medizinisch und mental kann heute nichts passieren, denn es sind zwei Psychiater und ein Allgemein-Mediziner mit an Bord. In Buenos Aires ist gerade ein Ärzte-Kongreß zu Ende gegangen. So ging es dann zunächst für mich auf bekannter Route nordwärts. Diesmal aber nicht nach Capilla del Señor sondern nach San Antonio de Areco, am gleichnamigen Fluß ca. 115km von Buenos Aires entfernt. Einer kleinen Stadt von ca. 23.000 Einwohnern, die 1730 durch die Spanier gegründet wurde und heute Hauptstand des Departements San Antonio de Areco ist. Bis heute darf hier nur maximal zweigeschossig gebaut werden, was auch in dem von der Argentinischen Regierung verliehenen Titel "Stadt von historischem, nationalen Interesse" zu Ausdruck kommt. Unter Literaten ist die Stadt auch als Heimat des "Don Segundo Sombra" aus der Novelle von Ricardo Güiraldes bekannt. In der Novelle wird in beeindruckender Weise der Alltag und das Leben eines Gauchos, eben jenes Don Segundo Sombra geschildert, dessen reales Leben von Segundo Ramírez aus San Antonio de Areco gelebt und 1969 in einem argentinischen Film auf die Leinwand gebracht wurde. Jedes Jahr im November findet in San Antonio auch ein großen Gaucho-Festival statt, zu dem Gauchos aus dem ganzen Land anreise und zu tausenden in ihren typischen Trachten an dem Fest teilnehmen. Untrennbar gehört zum Gaucho der aufwändige Silberschmuck, den er und sein Pferd zur Schau tragen. Daher haben wir auch im Ort eine der bekanntesten Silberschmieden besucht, die Silberschmiede Draghi. Neben der Herstellung konnten wir in einem kleinen Museum viele Stücke bewundern und auch den Unterschied zwischem dem nördlichen und dem Porteño-Stil kennenlernen. Beide Stile sind durch die Landschaft inspiriert, in der sie entstanden sind. So finden sich beim Porteño-Stil, der zur flachen und weiten Landschaft um Buenos Aires gehörenden Variante, einfache und klare Linien ohen viele Schnörkel. Ein fask asketisch zu nennender Stil. Ganz im Gegensatz dazu steht der nördliche Stil, der durch die Urwälder und die Arten- und Formenvielfat des Nordens beeinflußt ist. Dieser Stil ähnelt barocker Üppigkeit während im Porteño-Stil eher romanische Einfachheit vorherscht. Nach dem Museumsbesuch unternahmen wir noch einen kleine Spaziergang um den viereckig angelegten Platz, an dessen einer Seite die Kirche, an einer anderen das Rathaus, wieder einer anderen die Polizei und zuletzt an der vierten die Post lagen. Einer für Argentinien ganz typischen Anlage des zentralen Platzes kleiner Städte. Danach fuhren wir noch ein paar Kilometer, am Schluß über Sandpiste bis zur Estancia Porteño, einem aus mehreren Wirtschafts- und Wohngebäuden bestehenden von viel Acker- und Weideland umgebenen Anwesen. Hier bot sich für mich dann die Gelegenheit, ein zweites mal meine Reitkünste auszuprobieren. Während ich 2002, ebenfalls in Argentinien (s.a. Weltreise 2002) eher darauf angewiesen war, wohin das Pferd, das angeblich genau den Weg kannte, lief, konnte ich dieses Mal dank einiger Ratschläge von unserem Fahrer durchaus selbst den Weg beeinflußen. Sogar größere Richtungsänderungen waren möglich und insbesonders konnte ich um niedrig hängende Äste herumreiten und mußte mich nicht ducken, weil das Pferd darunter durchlief. Später zeigten uns die Gauchos dann aber noch, was man auch noch so von einem Pferd aus machen kann. So hatten sie an einem quer über die Reitstrecke verlaufenden Balken einen kleinen Ring gehängt, den man sich auch an den Finger stecken kann. Die Aufgabe bestand nun darin, in vollem Gallop mit einem kleinen Stift, ungefähr von der Größe eines Bleistifts, diesen Ring aufzuspießen und ihn dann der Dame seines Herzens zu überreichen. Das klappte zwar nicht jedesmal und manchmal mußte der Ring dann im Gras gesucht werden, aber beide Gauchos haben bewiesen, daß sie diese Disziplin beherrschen. Neben diesen Fähigkeiten wurden uns auch noch die romantischen Lieder der Gauchos, begleitet von der Gitarre vorgetragen während die Chicas uns die zugehörigen Tänze zeigten. All dies war natürlich nur Rahmenprogramm um das Asado herum, das typische Barbeque der Gauchos. Ein großer halbhoch ummauerten Platz bildete den Grill, in dem an den unterschiedlichsten Stellen die verschiedenen Fleisch- und Wurstsorten lagen oder hingen und langsam gegart wurden. Auch wenn noch ein paar andere Leute dazu kamen und mit aßen, fragten wir uns in Anbetracht der Mengen, ob vielleicht noch ein großer Reisebus erwartet würde. Aber der kam nicht. Das Fleisch war zart und lecker zubereitet. Außerdem gab es auch noch etliche Salate und zum Schluß als Dessert frisches Obst. Am Nachmittag folgte dann noch Kaffee und Kuchen, wobei besonders die argentinische Spezialität "Dulce de Leche" zuspruch fand, die man am besten mit einem Karamell-Brotaufstrich beschreiben würde. Um 17:30Uhr ging es dann wieder zurück nach Buenos Aires, wo am Abend noch eine Tango-Show auf mich wartete. Während ich vor zwei Jahren in einem eher klassischen Tango-Theater war, hatte ich dieses Mal auf Empfehlung des Hotels die Show in einem größeren Hotel, dem Faena-Hotel im Stadteil Puerto Madero gewählt. Das Hotel gehört zu einem Gesamtkomplex der unter dem Motto "Kunst + Technologie + Architektur" steht und sich auch in einer eigenwilligen und faszinierenden Architektur des Hotels wiederfindet. Im Hotel wird in einem kleinen, an die französischen Cabaretts erinnernden Saal die Show "Rojo Tango" geboten. Zuvor gibt es, wie üblich noch ein Abendessen, das um 21Uhr serviert wird. Um 22:30Uhr trafen dann die 5 Musiker (2xBandoleon, Klavier, Gitarre und Kontrabaß) ein und nahmen im Rücken der Zuschauer, die direkt vor der Bühne sitzen, ihren Platz ein. Ich hatte einen hervorragenden Platz an einem kleinen Rundtisch in der ersten Reihe, direkt an der Bühne. Eine Stimme kündigte dann die Show an und "Vorhang auf". Insgesamt 4 Paare und jeweils ein Sänger und eine Sängerin boten eineinhalb Stunden ein Programm auf allerhöchstem Niveau. Kapelle und Sänger boten erstklassige Musik. Am beeindruckensten waren aber natürlich die tänzerischen Leistungen, die in Kostümen aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, der Blütezeit des Tango dargeboten wurden. Was hier geboten wurde, war nicht nur eine hervorragende künstlerische Darbietung sondern auch absoluter Hochleistungs-Sport. Besonders erfreulich war auch, daß während der Show das Photographieren erlaubt war, solange man keinen Blitz benutzte. Daher kann ich auch hier guten Gewissens einige der Bilder aus der Show präsentieren.
Mittwoch, 21. September 2011 Der Tag steht noch einmal für Buenos Aires zur Verfügung. Am Abend Weiterflug nach Washington DC. Nachdem ich in den vergangenen Tagen so viel erlebt hatte, wollte ich die freie Zeit heute lieber dazu benutzen, das erlebte aufzubereiten und zu sortieren, als nochmals neue Eindrücke hinzuzufügen und mich nachher nicht mehr richtig an die einzelnen Details erinnern zu können. Außerdem brauche ich ja auch einen guten Grund, wieder nach Argentinien reisen zu können, um mich mit Roby für weitere Ausflüge treffen zu können. Und so sitze ich nun in der Hotelbar, wo ich noch einmal das leckere Tartar de Lomo zu Mittag gegessen habe und führe mein Reisetagebuch fort, bis mich um viertel nach sechs der Transfer zum Flughafen bringen wird, wo es dann zu einem zweitägigen, beruflichen Intermezzo nach Charlottesville geht. |