Mittwoch, 27. November Kurz nach 10 Uhr landet mein Flug aus Miami, den ich dort gerade noch erreicht hatte, nachdem der Flug aus Washington wegen Verspätung mehr oder weniger rechtzeitig in Miami gelandet war. Beim Anflug auf Santiago bieten sich bereits grandiose Ausblicke auf die Andenkette, die mit teilweise bis zu fast 6.000m hohen, schneebedeckten Bergen ein beeindruckendes Panorama bietet. Bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen um 25°C unternehme ich meinen ersten Spaziergang in Santiago de Chile. Dabei geht es zuerst zum ältesten Gebäude der Stadt und gleichzeitig der ältesten Kirche Chiles, der Kirche San Franzisco. Diese Kirche aus der Mitte des 16. Jahrhunderts ist das einzige Gebäude der Stadt, das seit ihrer Gründung im Jahre 1541 die zahlreichen Erdbeben überlebt hat, von denen die Stadt regelmäßig betroffen ist. Die Erdbeben sind auch ein Grund dafür, warum es in der Stadt überhaupt nur sehr wenige Gebäude gibt, die älter als 100 bis 150 Jahre sind. Dennoch beeindruckt die Stadt durch ihre Architektur und Stadtplanung. Etwas verwunderlich ist natürlich, daß bei diesen sommerlichen Temperaturen auf Straßen und in Restaurants Weihnachtsmusik erklingt und auch vielfach Weihnachtsbäume in den Straßen aufgestellt und dekoriert werden. |
Donnerstag, 28. November Heute morgen um 9 Uhr werde ich zur Stadtrundfahrt abgeholt. Da ich anscheinend der einzige deutschsprachige Gast für den heutigen Tag bin, komme ich in den Genuß einer Privatführung. Unterwegs denke ich fast, daß ich mich in Paris befinde. Denn plötzlich taucht links die Kirche von Sacré-Coeur auf und nur die Tatsache, daß der Berg fehlt verwirrt. Ich erfahre dann aber, daß es in der zweiten Hälfte des 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert “à la mode” war, Bauwerke Frankreichs zu kopieren und originalgetreu hier in Santiago aufzubauen oder zumindest bedeutende Baumeister der alten Welt zu angagieren, um wichtige Gebäude zu planen und zu errichten. So ist z.B. auch der alte Bahnhof eine Konstruktion von Gustav Eiffel. Viele Chilenen - sofern sie zur Oberschicht gehörten und es sich leisten konnten - schickten damals ihre Kinder Ausbildung oder zum Studium nach Frankreich. Da Pferderennen und insbesondere die Wetten in Chile sehr beliebt sind, gibt es natürlich in der Hauptstandt eine große Pferderennbahn, deren Tribüne ebenfalls im französischen Baustil errichtet wurde. Die Rennen finden bis zu dreimal wöchentlich, meist an Nachmittagen statt und man kann wirklich alles bis buchstäblich zum letzten Hemd auf Sieg oder Niederlage setzen. An der alten Münze oder “Moneda”, wie es im spanischen heißt, starte ich dann mit meinem Führer zu einem kleinen Stadtbummel, der durch die Fußgängerzone zunächst zur Kathedrale an der Plaza de Armas führt. Hier befinden sich auch die Post, verschiedenen Museen und die Stadtverwaltung, die ebenfalls in alten Gebäuden untergebracht sind. Ein Besuch in einem der vielen “Café Brasil” darf natürlich auch nicht fehlen. Von meinem Führer erfahre ich, daß man zwar zu Hause nur Nescafé trinkt, die männliche Bevölkerung Chiles jedoch sehr gerne in diesen Cafés einen “Café réal” (eine Art Espresso) trinkt. Grund hierfür ist nicht etwa nur der Wunsch nach gutem, frisch gebrühtem Café sondern vielmehr die Bedienung, die denselben in hochhackigen Schuhen und meist sehr kurzem Minirock serviert. Anschließend fahren wir noch auf den ca. 300m über der Stadt gelegenen Hügel “San Cristobal”, auf dessen Spitze eine Marienstatue die Stadt überwacht. Der Rundblick von hier oben vermittelt dann auch einen guten Eindruck über die von Bergen eingeschlossene Stadt, in der gut 4 Millionen Menschen (ca. ein drittel der chilenischen Bevölkerung) leben. An den Markthallen, in der nähe der Estacion Mapocho, benannt nach dem Fluß, der die Stadt durchschneidet, endet dann die sehr interessante und eindrucksreiche Stadtrundfahrt. |
Freitag, 29. November Den Vormittag nutze ich zunächst einmal, um auszuschlafen und in Ruhe die Koffer zu packen. Da der Flug eine Stunde vorverlegt wurde (ohne dafür aber früher anzukommen, vielmehr wurde noch eine Zwischenlandung eingefügt) habe ich anschließend gerade noch einmal kurz Zeit für einen kleinen Spaziergang in die Fußgängerzone, bevor ich vom Flughafentransfer abgeholt werden. Heute habe ich nun auch das erste mal für Übergepäck zu zahlen. Für den innerchilenischen Flug sind nämlich nur 20kg zugelassen und mein aufzugebendes Gepäck wiegt bereits rund 45kg. Aber zum Glück halten sich die Gebühren in Grenzen und ich muß auch nur für 15kg zusätzlich zahlen. So geht es nun in die südlichste Stadt der Welt, die auf Festland liegt. Was mich beim Lesen des Reiseführers dann am meisten verwundert, ist die Behauptung, nur ca. 50km von Punta Arenas entfernt befinde sich die geographische Mitte Chiles. Denn von Punta Arenas sind es Luftlinie 3.970km bis an die nördlichste Ecke der Grenze zu Peru und Bolivien und 4.100km zum Südpol, bis wohin sich die Gebietsrechte Chiles erstrecken. Da das Wetter heute zum Glück wieder einmal den Wetterbericht Lügen straft und die Sonne - dank Sommerzeit - erst um viertel vor zehn untergeht, bleibt mir noch ausreichend Zeit, die 130.000 Einwohner große Hauptstadt Patagoniens zu erkunden. |
Samstag, 30. November Auch heute scheint wieder die Sonne und mein Rundgang durch die Stadt führt mich zunächst zum Platz in der Stadtmitte, wo eine große Statue von Ernando de Magallanes auf die nach ihm benannte Meeresstraße blickt. An der nördlichen bzw. südlichen Seite sind Patagonia und Terra del Fuego (Feuerland) symbolisiert, die die nordwestliche bzw. südöstliche Begrenzung der Magellanstraße bilden. In der Stadt selbst sind noch einige sehr schöne und aufwändige ältere Gebäude mit sehr schönen Jugendstil-Fassaden erhalten und da die Einschiffung erst abends ab 18Uhr möglich ist, habe ich Zeit für einen ausgedehnten Stadtbummel, den ich während kurzer Regenschauer, die meist nicht länger als 10-15 Minuten dauern in einer der zahlreichen Bars unterbreche, in denen sich die einheimischen treffen, um über die unterschiedlichsten Dinge zu reden. Hier wünschte ich mir, daß ich auch etwas spanisch sprechen könnte, denn in den englischsprachigen Ländern, die ich bisher schwerpunktmäßig bereist habe, fand ich es sehr schön, mich auch mit der einheimischen Bevölkerung austauschen zu können. Aktuelles Thema an diesem Wochenende ist in Chile der oder das “Teleton” eine wohltätige Sammelaktion, die von einem in Chile sehr bekannten Showmaster ins leben gerufen wurde und alljährlich für behinderte Kinder Geld sammelt, um Einrichtungen oder medizinische Versorgung auch in den entlegenen Gebieten des Landes zu ermöglichen. Hier wird einen ganzen Tag lag im ganzen Land gesammelt und in einer großen Fernsehshow - ähnlich der Spendenaktion für die Flutopfer in Deutschland - kontinuierlich über die Spenden berichtet. Nachdem ich all diese Dinge erfahren und viele Eindrücke in Punta Arenas gesammelt habe, geht es dann um 18 Uhr endlich auf die “Mare Australis”, das Schiff, das mich in den nächsten 4 Tage bis nach Ushuaia in Argentinien bringen wird. Ein sehr schönes Schiff, auf dessen Jungfernfahrt ich mich befinde und das die im April ausgebrannte, ältere “Terra Australis” ersetzt. An Bord gibt es zunächst einen Willkommenscocktail wo sich die Crew vorstellt und anschließend erst einmal die obligatorische Sicherheitsübung, wo sämtliche Passagiere mit ordnungsgemäß angelegter Schwimmweste an den Sammelpunkten zu erscheinen haben. Um 21Uhr verlasse ich dann Punta Arenas und die Kreuzfahrt beginnt. Nach dem sehr guten Dinner an Bord gibt es in der Sky-Lounge noch eine Vorstellung unsere Route für die nächsten vier Tage. |
Sonntag, 1. Dezember Bei 54°24’02” südlicher Breite - auf der Nordhalbkugel ist das auf Höhe wo die Kieler Förde in die Kieler Bucht mündet (ca. 10km nörlich von Kiel) - und 69°37’32” westlicher Länge ankert die Mare Australis für den ersten Ausflug an der Aynsworth Bay. Hier haben sich zahlreiche See-Elephanten ihren Lebensraum ausgesucht und um diese Jahreszeit im Frühjahr begeben sich die weiblichen See-Elephanten an Land, um ihre Jungen zu bekommen. Daher ist diese Zeit eine ideale Gelegenheit, diese - nach den Walen - zweitgrößten Meeressäuger zu beobachten. An Bord von Zodiacs, die jeweis 15 Personen (13 Passagiere und 2 Crewmitglieder) fassen, geht es zum gut zweistündigen Landgang, der mich in in die Darwin Mountain Range führt. Nachdem wir ausgiebig die See-Elephanten beobachtet haben, geht es in den Regenwald, der hier an den Hängen der Cordillera Darwin ein eindrucksvolles und phaszinierendes Szenario bietet. Inmitten des Regenwalds besichtigen wir einen kunstvoll von Bibern aufgebauten Damm, der eine Stauhöhe von schätzungsweise 1m bis 1,5m aufstaut. Da die Biber hierfür große Mengen Holz benötigen, stellen sie mittlerweile für dieses Gebien ein nicht unerhebliches ökologisches Problem dar. Dennoch stellt der Biberdamm ein phaszinierendes Bauwerk dar, wobei man die architektonische Leistung der Tierwelt nur bewundern kann. Zum Abschluß des Ausflugs gibt es noch heißen Kakao oder auch Whisky auf original Gletschereis - ein Grund, warum ich ausnahmsweise den Whisky einmal “on the rocks” genieße - bevor es zurück zum Schiff geht. Mittlerweile ist es 15 Uhr und wir haben planmäßig Tucker-Island erreicht, dessen Umrundung auf Zodiacs nun ansteht, um die hier lebenden Magellan-Pinguine zu beobachten. Während wir durch gutes Regenzeug geschützt die Insel umrunden, erfahren wir, daß es immer die gleichen Pinguine sind, die alljährlich hier zu dieser Insel kommen. Während wir mit dem Zodiac die Insel umrunden, begleiten uns mehrere Delphine, die spielerisch um unser Boot herumspringen und ebenfalls ein sehr dekoratives Motiv bilden. Die Schifffahrt geht nun weiter, bis zum Agostini Gletscher, den wir ungefähr gegen Mitternacht erreichen und an wo wir für die Nacht vor Anker gehen. Die Beleuchtung des Gletschers durch zwei Schiffsscheinwerfer bietet bereits in der Nacht ein eindrucksvolles Szenario. |
Montag, 2. Dezember Kurz nach Sonnenaufgang lichten wir die Anker und die Sonne läßt die Schneefelder gegenüber des Agostini Gletschers hell aufleuchten. Zunächst führt uns ein Abstecher an den beeindruckenden Serrano Gletscher. Anschließend geht es während des Frühstücks wieder zurück, nochmals an kleineren Gletschern vorbei, wieder bis hin zum Agostini-Gletscher, der nach Padre Alberto D’Agostini, einem Salesianer benannt ist, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Region um Patagonien und Feuerland erkundete und erforschte. Während auf der einen Seite die Sonne scheint, läßt der auf der gegenüberliegenden Seite fallende Regen vielfach schöne Regenbögen entstehen, die schön zu den weißen Schneefeldern kontrastieren . Wir fahren nun noch bis zur Condor Bay, wo ein erst in den letzen 50 Jahren durch den Rückzug des Condor Gletschers entstandener Fjord das Ziel unseres heutigen Landgangs ist. Während unser Schiff im Fjord auf die Rückkehr der Passagiere wartet, begeben sich zunächst die spanisch sprechenden Gruppen mit den Zodiacs bis an den Gletschermund heran. Wir - die deutschsprachige Gruppe Cormoran - und die englisch sprechenden Gruppen wurden vorher zunächst an Land gebracht, um in einem märchenhaft wirkenden Regenwald die Flora zu erkunden, die schon kurz nach dem Rückzug des Gletschers Besitz von den zurückgelassenen Landflächen ergreift. Wir sehen Manzanitas, eine kleine apfelähnliche Frucht (daher auch der Name), die an Sträuchern wächst und in ihrem Geschmack auch ein wenig an Äpfel erinnert. An den Stämmen der umstehenden Bäume, können wir teilweise die knorrigen Verdickungen erkennen, die der Baum durch erhöhte Holzproduktion zum Schutz von einem Pilz bildet, der wegen seiner Verwendung als Nahrungsmittel der Indianer den Namen “Indianerbrötchen” trägt. Die Stämme der Bäume selbst sind zum Teil dicht mit Moos bewachsen und auch einige interessante Farne zeigen deutlich, daß hier in dieser Region sehr viel Niederschlag vorherrscht. Den einen oder anderen Regentropfen bekommen wir dann auch heute zwischendurch zu spüren. Grund hierfür sind die Cordillera Darwin die eine natürliche Barriere für die Wolken bilden und dazu führen, daß sich diese hier aufstauen und ausregnen. Anschließend geht es mit dem Zodiac direkt bis an den Gletscherrand, während nun die anderen Gruppen den Spaziergang unternehmen, den wir bereits hinter uns haben. Die Gletscherzunge ist an ihrem Abbruch in das Meer von einer beeindruckenden Höhe und die beim Kalben herabfallenden Eisbrocken verursachen beim Aufschlagen auf die Wasseroberfläche laute Schläge, die durch die umliegenden Felsen noch verstärkt werden. Am Nachmittag geht es dann über Magdalena, Cockburn und Ocasion Kanal Richtung Pazific, was wir auch am stärker werdenden Wellengang bemerken. Denn wir müssen einige Ausläufer der Codillera Darwin auf Feuerland noch umrunden, bevor wir in den nordöstlichen Arm des Beagle Kanals an der südküste Feuerlands einfahren können. |
Dienstag, 3. Dezember Am heutigen Tag beginnt unser Landgang zum Pia Gletscher bereits morgens um 7Uhr. Mit Zodiacs legen wir wieder den kurzen Weg zwischen Schiff und Land zurück um dann auf den Expeditions Hügel - diesen Namen trägt er zur Erinnerung an die Erkundungsexpition, die erst vor wenigen Jahren offiziell von unserem Vorgängerschiff, der Terra Australis, vorgenommen wurde - zu steigen. Von hier bietet sich ein fantastischer Blick auf diesen sehr aktiven Gletscher. Während wir hochsteigen hören wir das dauernde Knacken des Eises und plötzlich einen riesigen Schlag, von einem herabfallenden Eisblock. Schon enttäuscht, daß wir das Naturschauspiel nur gehört und nicht gesehen haben, tröstet uns Maurizio, unser Tourguide, daß noch weitere folgen werden und wir so auch noch optisch das Kalben des Gletschers beobachten können. Während wir dann auch auf dem Hügel angekommen sind und gebannt auf die Eiswand blicken, hören wir wieder das immer lauter werdende Knacken und Grollen, das einen erneuten Eisbruch ankündigt, den wir dann auch staunend live miterleben können. Eigentlich wollen wir gar nicht weiter, da mittlerweile die Sonne ganz herausgekommen ist und es im Sonnenschein angenehm warm ist. Doch nach gut 2 Stunden Landgang fahren wir wieder auf die Mare Australis zurück, um nun unsere Fahrt entlang der Gletscher Avenue im Nordwest-Arm des Beagle Kanals fortzusetzen. Hier sehen wir einen Gletscher nach dem anderen, die alle Ausläufer aus dem 150km langen Eisschild, das die Cordilleres Darwin bedeckt. Die Namen der Gletscher sind nach europäischen Ländern wie Italien, Frankreich oder Deutschland vergeben. Am Nachmittag fahren wir weiter durch den Beagle Kanal, an dessen Nordufer der argentinische Teil Feuerlands liegt, während im Süden die Insel Navarino wiederum noch zu Chile gehört. Vorbei an Ushuaia, das für mich morgen das Ende der Schiffsreise sein wird, geht es bis zur südlichsten Ansiedlung der Welt, Puerto Williams auf Navarino, also in Chile gelegen. Von diesem kleinen knapp 2.000 Einwohner umfassenden Ort, wollte ich noch einen Rundflug um Kap Hoorn unternehmen. Wegen schlechten Wetters aber, das am nachmittag aufgezogen ist, muß dieser Programmpunkt leider entfallen. Ein Grund, noch einmal in diese Gegend zu kommen, um den südlichsten Landzipfel der Welt (außerhalb der Antarktis) zu umrunden. |
Mittwoch, 4. Dezember In den frühen Morgenstunden geht es wieder die kurze Strecke von Puerto Williams, wo wir zunächst über Nacht gelegen haben, zurück nach Ushuaia in Argentinien. |